Gabriel wurde im Dezember 1914 in Lyon geboren. Er hatte noch zwei ältere Brüder; einer davon war Priester bei den Jesuiten. Die drei Brüder wuchsen in Moulins auf, wo sie von ihrer Mutter und einer Tante christlich erzogen wurden. Der Vater starb im letzten Kriegsjahr 1918, so dass Gabriel nie seinen Vater kennenlernen konnte.
Das Kind war intelligent und sensibel. Es interessierte sich für das Lesen, das Tennisspiel und für Geschichte. Nach dem Abitur studierte Gabriel Geschichte. Er hatte wohl viele Freunde, blieb aber für sie ein wenig geheimnisvoll, wenn er mit ihnen zusammen war.
Seit seiner Kindheit spürte er den Ruf Gottes, Priester zu werden. So lebte er ganz treu im Blick auf dieses große Ziel hin. Mit fast 19 Jahren begann er ein 76 Jahre dauerndes monastisches Leben, mit seinem Eintritt in die Kartause Farneta in Italien. Wegen der Vertreibung der Mönche aus Frankreich zu Beginn des Jahrhunderts, konnte er nicht in Sélignac eintreten, sondern er musste den Kartäusern in das ausländische Exil folgen. Gabriel wurde Frater Angelus (Ange).
Sicherlich zeitbedingt und vielleicht auch durch persönliche Rücksichtslosigkeit und Bußübungen, waren Erkrankungen der Lunge. Auch Frater Angelus litt an einer Lungenerkrankung, die ihn für einige Monate in ein Sanatorium führte. Er litt sein ganzes Leben lang an chronischer Müdigkeit und Schlaflosigkeit, was besonders in einem Kartäuserleben noch eine zusätzliche Härte bedeutete.
Seine feierlichen Gelübde legte er im Jahr 1939 ab, danach wurde er zum Priester geweiht. Im Jahre 1940 durften wieder Mönche nach Frankreich zurückkehren. So kam er in die Grande Chartreuse bei Grenoble, dem Mutterkloster des Ordens.
Seine Gesundheit war ruiniert. Die Jahre des Krieges, die er in der Grande Chartreuse verbrachte, waren geprägt durch Entbehrungen und Kälte. So schickte ihn seine Oberen 1947 als Novizenmeister in die Kartause Sélignac im Departement Ain, dorthin, wo er einst eintreten wollte. Im Jahr 1965 wurde er zum Prior ernannt für die Kartause von Montrieux im Departement Var in Südfrankreich.
Dom Ange war vor allem ein Mann des Gebets. Zusätzlich zu den gemeinsamen klösterlichen Gebeten in der Kirche und in der Einsamkeit seiner Zelle, verbrachte er täglich längere Zeit mit Lesung und Studium des Evangeliums als Voraussetzung für sein inneres Gebet und die stille Meditation.
Ganz besonders war er von der Persönlichkeit Jesus, seines Herrn, ergriffen, der Zeugnis für die Güte Gottes, des Vaters war. Das einsame Leben das er führte, war für ihn nicht eine Flucht vor den Menschen, sondern er lebte eine innere Gemeinschaft mit ihnen. In dem Geheimnis der göttlichen Liebe, die deutlich wird in dem gekreuzigten Christus, will er selber die Menschen in Liebe verwandeln.
Er war ein Mann des Gebets, aufmerksam für seine Ordensbrüder. Ihm war bewusst, dass die „Transzendenz Gottes“ oft das Problem seines Lebens war. Auf die Frage "Was können wir tun", antwortete er vorsichtig, aber fest: "Wir tun, was wir tun müssen", und das war das, was er selber tat. Vor allem seine Brüder haben durch ihn die Gnade und die Güte Gottes zu den Menschen erlebt.
Mit seinen außergewöhnlichen zwischenmenschlichen Fähigkeiten, hat er dazu beigetragen, dass viele ihre eigene Persönlichkeit entdecken und entwickeln konnten, um zu hören und zu folgen wohin sie der Ruf Gottes führte.
Seine Einstellung kann man vielleicht zusammenfassen in diesen Worten: "Gott ist Liebe. Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm" (1 Joh 4,16) und "Wie der Vater mich geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt, bleibet in meiner Liebe" (Joh 15,9). Jeder Mensch hat seine Grenzen
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist eine uralte Sehnsucht in ihm erwacht: ein klösterliches Leben zu führen, sehr einfach, arm, einsam und brüderlich. Mit einer kleinen Gruppe von Brüdern, ganz auf der Linie des heiligen Bruno, bei der Gründung der Kartäuser.
Der Kartäuserorden hatte offensichtlich Schwierigkeiten zum Verständnis einiger seiner Anliegen. Es gab keinen Anlass, sein Projekt zu unterstützen. Doch der Orden gab Pater Angelus und drei weiteren Brüdern die Erlaubnis zu gehen, um dieses Projekt in eigener Verantwortung zu übernehmen.
Dies war die Grundlage der „Eremitage St. Bruno“, die unabhängig von der Kartause 1975 entstanden ist. Pater Ange war nun 60 Jahre. Mit eigener Hände Arbeit wurden unter denkbar einfachsten Bedingungen die Grundlagen für ein neues Leben geschaffen: arm, einsam, brüderlich. So, wie er und seine Brüder sich den Anfang des heiligen Bruno und seiner Bewegung vorstellten.
Pater Ange war der Leiter, der Prior der neuen Gemeinschaft, die unter der Obhut des Ortsbischofs stand. Nach Jahren schwanden seine Kräfte zusehends; seine früh erworbenen Krankheiten machten ihm zu schaffen. Bald gab er Verantwortlichkeiten an jüngere Brüder ab. Dann war er glücklich, wieder mehr Zeit in der Einsamkeit und Stille und zum Gebet zu haben.
Pater Ange war 86 Jahre, als er entschied, es sei für ihn und die Gemeinschaft besser, wenn er in ein Altenheim ziehen würde. Er spürte mehr und mehr den Rückgang seiner physischen und psychischen Kräfte. Es war eine schmerzhafte Entscheidung. Denn nicht nur er, auch die Brüder mussten lernen, das zu akzeptieren.
Weiterhin war er ein Mann des Gebetes. Er erkannte sein Leben und sein Leiden als seinen Weg, in der Verbindung mit dem Leiden, Sterben, dem Tod und der Auferstehung seines Herrn Jesus Christus. Er starb im September 2008, fast 94 jährig, in einem Krankenhaus, wie unzählige andere Menschen auch, durch den Abbau seiner Lebenskräfte, welche durch das Alter und Krankheit verursacht werden.
Sein Leben ist ein Zeugnis für die unendliche Güte Gottes, unseres Vaters in seinem Sohn Jesus und die Hoffnung auf die ewige Gemeinschaft mit Gott, zu der wir alle berufen sind.
Weitere Information:
W. Bösen, Erzählen will ich von seiner Nähe, Bonifatius 2011
W. Bösen, Auf einsamer Strasse zu Gott, Herder 1987
A. Helly, Auf dem Weg des Schweigens, Don Bosco 1997
Sehr schön, ich habe das Buch vom Schweigen seit über 10 wie einen Schatz gehütet und immer wieder gelesen. Er hat noch viel länger gelebt, als ich erwartet hatte. Die Jahreszahl des Todes seines Vaters müsste korrigiert werden in 1918. Peter Steinhagen, Barcelona
AntwortenLöschenFreut mich, dass Ihnen der Beitrag gefällt. Danke auch für den Hinweis zur Korrektur.
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