Das
tiefste Übel meiner Seele liegt also im Verstand, im Denken. Denn ich beurteile
die Dinge unter dem Gesichtspunkt meines Interesses oder meiner Lust. Ich sehe sie
unter diesem Lichte, und weil ich sie so sehe, schätze ich sie gerade nach
diesem Gesichtspunkt und handle danach. Die Handlung ist verdorben, der Wille
ist verdorben, vor allem, weil der Verstand verdorben ist. Meine Handlungen
hängen von meinen Neigungen, meine Neigungen von meinem Denken ab. Und sobald mein
Denken falsch ist, sind auch meine Neigungen und Handlungen falsch. Sicher,
sagt Pater Surin, kommen unsere Fehler fast alle von unsern verkehrten Urteilen
und daher, dass wir es unterlassen, die geschaffenen Dinge nach ihrer ersten
Aufgabe zu betrachten, wie es Pflicht der Kinder Gottes wäre (Surin, Grundlagen
des geistlichen Lebens, 2. Buch, 2. Kap.).
„Der
Weg der Gerechtigkeit," sagt der heilige Augustinus, „ist unser Weg. Wie
aber sollte man ohne Licht auf diesem Weg nicht fallen? Deswegen ist die erste
Notwendigkeit auf diesem Weg die, zu sehen. Die größte Angelegenheit auf diesem
Weg ist die, zu sehen." (Augustinus, Tract. in Joan. 35,3). Wenn sehen die
größte Notwendigkeit, wenn sehen die größte Angelegenheit ist, so ist nicht sehen
das größte Unglück, nicht gut sehen die größte Gefahr. Mein größtes Übel
besteht also für mich darin, nicht zu sehen oder sehr schlecht zu sehen.
(Dom François de Sales Polien, IL, 20151014)
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