Donnerstag, 22. Oktober 2015

Frömmigkeit als Gewohnheit

IL194-Z.18.6a

Aber habe ich denn nicht die rechte Absicht, wenn ich mir jeden Morgen vornehme, meine Handlungen Gott zur Ehre zu verrichten?

Ohne Zweifel, und das ist sehr gut. Allein was ich da am Morgen tue, ist ein Akt. Nun aber beseitigt ein Akt eine Gewohnheit nicht. Er kann einen Augenblick eine Unterbrechung bringen und so lange eine gewisse Wirkung haben, bis die Gewohnheit wieder die Oberhand gewonnen hat. Dieser Akt beseitigt nicht die Gewohnheit, in der ich lebe, alles nach meinem Gesichtspunkt zu beurteilen. Um so weniger als es ein Willensakt ist, der als Akt des Willens nicht direkt einer Gewohnheit des Verstandes entgegentritt. Wenn es in mir nicht eine entgegengesetzte Gewohnheit gäbe, würde die gute Absicht vom Morgen rechtmäßig ihre Kraft über jede Tätigkeit des Tages ausdehnen. Allein die Gewohnheit, meine Person zu suchen, ist da, und sie sitzt da fest. Sie erleidet nur eine augenblickliche Unterbrechung durch die rechten Akte, solange nicht die Frömmigkeit zur Gewohnheit wird und dazu führt, jene andere zu unterdrücken.

(Dom François de Sales Polien, IL, 20151022)

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