Freitag, 2. Oktober 2015

Eine Berufungsgeschichte zum Kartäusermönch

„Berufungsgeschichten“ berühren mich schon seit frühester Kindheit. Ich habe sie stets aufgesaugt und verband sie immer mit der Berufung zum Priestertum oder zum Ordensleben. Besonders haben mich dabei immer die Berufungen interessiert, von denen man eher wenig erfährt: denen in „strenge Orden“. Zweifellos fallen jene in den Kartäuserorden darunter. Heute will ich von einer dieser Berufungen berichten. Es handelt sich um eine recht junge Berufung, denn sie wurde erst in den letzten Monaten besiegelt.

Der Mönch um den es hier geht, nennen wir ihn Marianus, erhielt erst am 27. Juni 2015 in seinem Kloster, einer französischen Kartause, die Priesterweihe. Damit ist nach menschlichem Ermessen seine klösterliche Laufbahn vollendet. Nur seine Oberen und Gott können ihm nun noch weitere Aufgaben im Orden zuteilen. Somit ist die Priesterweihe wohl auch der letzte Hinweis, die letzte Spur, die von einem Kartäusermönch in der Welt hinterlassen wird. Denn irgendwer wird sicher auf diese Priesterweihe hinweisen, sei es die Familie, alte Freunde, die Herkunftspfarrei oder das Bistum, wenigstens aber das Bulletin des Bischofs, der die Weihehandlung vorgenommen hat. Danach wird es wieder still um den Mönch. Seine Erinnerung wird bei vielen Menschen verblassen. - So will ich an dieser Stelle festhalten, was ich über die Geschichte der Berufung unseres Pater Marianus erzählen kann.

Marianus wurde in einem osteuropäischen Land noch zu Zeiten des Eisernen Vorhang geboren. Nach der Grundschule lernte er einen handwerklichen Beruf und besuchte eine Fachschule in Abendkursen um die Hochschulreife zu erwerben. Mit 19 Jahren wollte er dem Ruf des Herrn folgen, verließ jedoch die Ausbildung und wurde Benediktiner. Doch schon nach kurzer Zeit merkte er, dass dies nicht sein Ort war und kehrte wieder zurück; er sagte „meine Motivation war nicht genug durchdacht." Er beendete seine Ausbildung und begann ein Hochschulstudium mit den Schwerpunkten Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre. Dazu arbeitete er in verschiedenen Tätigkeitsbereichen. Aber, er arbeitete auch an seiner Berufung. Er spürte, dass Gott ihn rief, dass er ihn etwas schmecken ließ, so, als ob Gott ihn in seine große Gnade anrührte.

Marianus hatte eine Freundin, aber sie konnte ihm nicht das Gefühl vermitteln, das sein Herz ersehnte. Er fühlte sich allein. Nur Gott konnte ihn überwältigen. In dieser Zeit kehrte er wieder in sein erstes Kloster zurück. Doch diesmal wurde im klar, dass es nicht das Leben der Benediktiner war, das er suchte, es war das kontemplative Leben, das sicher sein Herz befrieden könnte. Er suchte ein Kloster, in dem eine strenge Regel das kontemplative Leben unterstützt und fördert und fand es in Frankreich im Orden der Trappisten.

Nun lernte Marianus mit Hilfe von Büchern und Kassetten französisch und wurde im Alter von 26 Jahren Trappist, - um doch wieder nur zu erfahren, dass er immer noch nicht an dem Ort angekommen war, an dem Gott ihn haben wollte. Nach einem Jahr schickten ihn seine Oberen in seine Heimat zurück. Das Leben unter den Trappistenmönche lehrte ihn viel; vor allem die Nächstenliebe, diese kleinen Gesten, die sich im lächeln oder kleinen Verdemütigungen und Zuwendungen verstecken können. Marianus  übernahm in seiner Heimat eine Arbeit, der er einige Jahre nachging, ohne seine Berufung zu vergessen. Er hat oft an seine Trappistenbrüder denken müssen und zögerte sogar, vielleicht doch wieder zu ihnen zurückzukehren.

Aber sein Herz suchte die Einsamkeit und fand, dass die Ehe ihm ein gutes Beispiel dafür gäbe. Er sah das Eheleben so, dass sich die zwei Liebenden nicht ständig unterhalten und reden, sondern dass auf einer Bank in einem Park sitzen, nicht sprechen, beieinander sind, ohne etwas zu sagen, weil sie lieben, sie schweigen. Marianus verfügt nun über die Gewissheit, dass es diese Person ist - und Gott.

Im November 2005 ging Marianus wieder nach Frankreich und trat in ein Kloster der Kartäuser ein, er wurde Novize, - er war angekommen.   

Am 30. Mai 2008 legte er die zeitlichen Gelübde ab. Danach konnte er mit dem Studium der Philosophie und der Theologie beginnen, damit er irgendwann zum Priester geweiht werden könnte. Marianus durfte am 7. Juni 2013 die Ewigen Gelübde ablegen; er wurde am 28. September 2014 zum Diakon geweiht.


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