Die Gebräuche der Kartäuser
Die Lebensweise der ersten Kartäuser war noch nicht durch eine bestimmte
Regel definiert, wonach sie leben wollten. Ihr Weg war die Nachfolge Christi
und ihr Ziel die Vereinigung mit Gott. Alleine die Heilige Schrift und das Beispiel
der Väter waren ihnen Richtschnur und Kompass.
Erst der 5. Prior der Chartreuse, Guigo I., sammelte bis 1127 die sich
bis dahin heraus kristallisierten „Gebräuche“ der Mönche und schrieb sie in 80
Kapiteln auf. Durch Papst Innozenz II. wurden diese „Consuetudines“ approbiert
und bis 1140 in allen bestehenden Kartausen übernommen.
Tatsächlich sind die Consuetudines bis heute die Grundlage der
kartusianischen Statuten. Doch war es durch sie alleine nicht möglich, das
Leben des sich schnell ausbreitenden neuen Ordens zu lenken. Bereits 1258
wurden erstmals die von den jährlich stattfindenden Generalkapiteln gefassten
Beschlüsse und erarbeiteten Verordnungen den Consuetudines zugeordnet; die „Statua
antiqua“. Bereits 1368 entstand die „Statua nova“ mit ähnlichen
Zusätzen.
Mit der „Tercia Compilatio“, der dritten Zusammenfassung, von 1509
unter dem Prior François du Puy, wurde die Gesetzgebung des Kartäuserordens
weithin abgeschlossen. Dies wird auch dadurch deutlich, dass die neuen „Consuetudines
et Statua“ bereits im folgenden Jahr 1510 von Johann Amorbach in Basel
gedruckt wurde.
Seite der „Tercia Compilatio“ aus dem Druck von Amorbach in Basel |
Doch auch im Mittelalter blieb die Zeit nicht stehen. Alles war einem
steten Wandel unterworfen. So wurde nach elfjähriger Arbeit die „Nova
Collectio Statuorum“ 1581 veröffentlicht. Sie wurde durch die päpstliche
Bulle „Iniunctum nobis“ von Papst Innozenz XI. 1588 approbiert.
Tatsächlich gab es nun im Verlauf der Jahrhunderte nur wenige wesentliche
Veränderungen und Ergänzungen. Erst im Zusammenhang mit dem neuen kirchlichen
Gesetzbuch (CIC) wurden die Statuten der Kartäuser durch Papst Pius XI. erneut
approbiert.
Weitere Veränderungen wurden Unternommen nach dem Zweiten Vatikanischen
Konzil (1971) und nach der Reform des kirchlichen Gesetzbuches (CIC) 1989.
Zusammenfassung:
Sämtliche
Änderungen der ursprünglichen Consuetudines sind tatsächlich lediglich Ergänzungen. Was geschrieben wurde, sollte
das Leben vereinfachen und nicht verkomplizieren. So wurden die jeweiligen
Ausgaben der Ordensstatuten meist „funktional“ geregelt, damit das Ziel des
Mönchslebens nicht aus dem Auge verloren wird; wie etwa die Ordnung der
Liturgie, aber auch das Leben der Patres in ihrer Zelle, oder das der Brüder
und der Schwestern. Ebenso wurden die Verantwortlichkeiten der verschiedenen
Observanzen und Ämter geregelt. Was neu aufgenommen worden ist war bereits in
der Substanz ihres Mönchslebens
gegenwärtig und längst erprobt.
Die Änderungen an den Statuten wurden nicht vorgenommen um die
Herausforderungen des Kartäuser-Lebens den Bedürfnissen der Welt anzupassen
oder gar ihnen unterzuordnen. Das Leben in der Kartause war, ist und bleibt ein
Stachel im Leben sowohl der jeweiligen Gesellschaft als auch der Kirche.
Über den Kartäuserorden können wir aus der Erkenntnis des Vorstehenden
wiederholen, was Generationen behaupten:
„Cartusia numquam
reformata,
quia numquam deformata";
„der Kartäuserorden wurde niemals reformiert,
weil
er nicht deformiert war”.
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