Es
ist Weihnachten! Wir sitzen wieder in der mitleidslosen Kälte der Eisnacht auf
der Tribüne, über der nur ein wenig erleuchteten Klosterkirche.
Draußen
steht in wundersamer Tiefe der Sternhimmel über der weißen Erde. Die Patres
sind aus ihren Zellen gekommen und gehen jetzt wie weiße Bergknappen Gottes,
die kleine brennende Laterne in der Hand, die Kapuze tief über den Kopf
gezogen, ein jeder begleitet von seinem unsichtbaren Schutzengel, still durch
die Eistunnel an die Arbeit, an das Opus Dei.
Wenn
die Klosterglocke um 21.45 Uhr lange geläutet hat, stehen sie alle in der
Bergluft des Chores.
Himmelszonen
von Stille und Einsamkeit weiten sich um uns. Vor jedem dieser Patres und vor
uns selbst liegt eine Unendlichkeit, liegen Ozeane, die kein Christoph Columbus
bezwingt und die uns von den Torheiten der Erde trennen.
Hier
ist der Brennpunkt des Lebens. Nichts anderes besteht noch auf der Erde als
dieser dunkle Raum zwischen engen Mauern in ringsum schweigender Weltnacht. Und
noch einige andere lebendige Heimstätten des wahren Lebens gibt es, wo auch in
dieser Nachtstunde Männer und Frauen im Gebete stehen: singende Menschen im
Beten vor Gott.
Wir
folgen den Gesängen aus einem großen Buche, das vor uns auf der breiten Balustrade
im gelben Lichtkreis einer Lampe aufgeschlagen liegt. Alle Antiphonen, Psalmen
und Responsorien werden gesungen, voll inneren Jubels und Freude. Schlag 12 Uhr
beginnt die heilige Mitternachtsmesse.
Nichts
erinnert an die äußere Poesie des Weihnachtsfestes.
Kein
Schmuck und kein Prunk. Nur viele Kerzen sind angezündet, ganze Reihen hinter
und seitlich des Hochaltares und der Wand entlang.
Der
Subprior singt die heilige Messe.
Einzig
der Zelebrierende und der Diakon kommunizieren.
Niemand
anders empfängt unsern Herrn.
Die
Kartäuserpatres lesen an diesem Tage keine heilige Messe, ebenso nicht an
Ostern und am Pfingstfeste. Sie kommunizieren mit den Novizen in der heiligen
Tagesmesse. Die Brüder und die beiden Gäste bekommen den Leib des Herrn beim
Frührotschein in der heiligen Morgenmesse. In einem breiten Kranz knien wir vor
dem Hochaltar, ein langes, weißes Kommuniontuch über die Hände gebreitet.
(Die Tage
und Nächte in der Kartause von La Valsainte.
Pieter Van
der Meer de Walcheren. Das weisse Paradies.)
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