Mittwoch, 15. Juli 2015

Annäherung an die Kartause La Valsainte (3/6)

„Nichts außer Gott" ist das Lebensziel. Dieses bedingungslose Streben war es auch, das vor neunhundert Jahren Bruno von Hartefaust, ein Theologe aus Köln, den beschwerlichen Aufstieg in die Alpen bei Grenoble unternehmen ließ. Er war einer der zahlreichen „Aussteiger", welche im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen und sozialen Instabilität des 11. Jahrhunderts nach „alternativen" Lebensweisen suchten. Er beendete seine steile Karriere als Scholaster (heute Professor) und bischöflicher Kanzler, weil ihn die Intrigen und Skrupellosigkeit bei Hof und bei den Vorgesetzten zermürbten. Selbst ein Angebot, die mächtige Position eines Erzbischofs zu übernehmen, schlug er aus. Bruno fand in dem Alpenort Chartreuse die Abgeschiedenheit, um sich auf Gott zu besinnen. Der Ortsname Chartreuse (Kartause) wurde dann zur gültigen Bezeichnung für alle Klöster, in denen die Mönche ein eremitenähnliches Dasein führen.

Nur über die Pfade der Alpenhirten waren die Kartäuser erreichbar. Bruno lebte mit vier Brüdern völlig isoliert. Sie wohnten zu zweit oder allein in Hütten. Zwei Laien besorgten die anfallenden Arbeiten. Dieser Anfang lieferte das Modell für alle späteren Gründungen von Kartausen.

In der Bibliothek der Kartause La Valsainte
Immerhin gab es gegen Ende des 18. Jahrhunderts eine Blütezeit mit 295 Häusern in verschiedenen Ländern. Doch waren hier selten mehr als 25 Mönche unter einem Dach, im Gegensatz zu späteren Abteien, wo zwischen dreißig und einhundertachtzig Brüder leben. Heute gibt es noch 21 Kartausen in Europa, davon nur eine in Deutschland, das Kloster Marienau bei Bad Wurzach im Allgäu. Hinzu kommen sechs Frauenklöster in Frankreich, Italien und Spanien. Und auch in Brasilien gibt es seit kurzem eine Kartause.

(Text: Hans-Dieter Zinn, iwz-Stuttgart, 1986)


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