„Nichts
außer Gott" ist das Lebensziel. Dieses bedingungslose Streben war es auch,
das vor neunhundert Jahren Bruno von Hartefaust, ein Theologe aus Köln, den
beschwerlichen Aufstieg in die Alpen bei Grenoble unternehmen ließ. Er war einer
der zahlreichen „Aussteiger", welche im Zusammenhang mit der
wirtschaftlichen und sozialen Instabilität des 11. Jahrhunderts nach
„alternativen" Lebensweisen suchten. Er beendete seine steile Karriere als
Scholaster (heute Professor) und bischöflicher Kanzler, weil ihn die Intrigen
und Skrupellosigkeit bei Hof und bei den Vorgesetzten zermürbten. Selbst ein Angebot,
die mächtige Position eines Erzbischofs zu übernehmen, schlug er aus. Bruno
fand in dem Alpenort Chartreuse die Abgeschiedenheit, um sich auf Gott zu
besinnen. Der Ortsname Chartreuse (Kartause) wurde dann zur gültigen
Bezeichnung für alle Klöster, in denen die Mönche ein eremitenähnliches Dasein
führen.
Nur
über die Pfade der Alpenhirten waren die Kartäuser erreichbar. Bruno lebte mit
vier Brüdern völlig isoliert. Sie wohnten zu zweit oder allein in Hütten. Zwei
Laien besorgten die anfallenden Arbeiten. Dieser Anfang lieferte das Modell für
alle späteren Gründungen von Kartausen.
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In der Bibliothek der Kartause La Valsainte |
Immerhin
gab es gegen Ende des 18. Jahrhunderts eine Blütezeit mit 295 Häusern in
verschiedenen Ländern. Doch waren hier selten mehr als 25 Mönche unter einem
Dach, im Gegensatz zu späteren Abteien, wo zwischen dreißig und
einhundertachtzig Brüder leben. Heute gibt es noch 21 Kartausen in Europa,
davon nur eine in Deutschland, das Kloster Marienau bei Bad Wurzach im Allgäu. Hinzu
kommen sechs Frauenklöster in Frankreich, Italien und Spanien. Und auch in
Brasilien gibt es seit kurzem eine Kartause.
(Text:
Hans-Dieter Zinn, iwz-Stuttgart, 1986)
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