Aber
wie gelingt das? Kann die Seele dahin gelangen, jede Befriedigung zu
vergessen und rein für Gott zu leben, ohne Umkehr zum persönlichen Interesse?
Darin liegt ein großes Geheimnis, und es ist wichtig, es zu erklären, damit die
Abwege des Quietismus vermieden werden. Es ist ein Geheimnis des Lebens und des
Todes. Etwas muss in mir sterben, um wieder aufzuleben.
Was
muss sterben? –
Das
Menschliche.
Was
ist das Menschliche?
Das,
was in mir von Gott getrennt ist. Es ist das Suchen meines Ich außer Gott, es
ist das Haften-Bleiben am Geschaffenen, es ist meine von der Tätigkeit Gottes
unabhängige Tätigkeit, es ist mit einem Wort das, was in mir leibt und lebt und
dabei nicht durch das göttliche Leben berührt, belebt und geleitet wird. Es ist
das, was ihm entgegen ist.
Und
warum muss das sterben? –
Weil
ich für Gott gemacht bin, weil mein Leben in der Einswerdung mit Gott besteht,
und weil alles, was mich von ihm trennt, verschwinden muss.
Wie
weit muss sich also jene Tätigkeit, die in der mystischen Sprache mit Entsagung,
Vernichtung, Tod usw. bezeichnet wird, erstrecken? – Sie muss sich auf alles,
was mich von Gott trennt, erstrecken. Es handelt sich dabei
weder um eine Zerstörung meiner Seele, noch meines Leibes, noch meiner Fähigkeiten,
noch meiner Kräfte, noch meiner Werkzeuge. Es ist vielmehr ihre Reinigung durch
die Zerstörung eines gewissen klebrigen Stoffes, der mich an die geschaffenen
Dinge fesselt, und mich von Gott fern hält. Es ist die Befreiung meines Wesens
durch das Zerreißen der Bande, die mich an das, was in der Niederung ist,
fesseln. Was zerbrochen, vernichtet, zerstört werden muss, ist nicht meine Person,
das sind die Bande. –
Ich
muss frei werden.
(Dom
François de Sales Polien, IL, 20151109)
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