Mein
Gott, wie erhaben ist also die Heiligkeit, und wie vollkommen muss
man sein, um sie zu erreichen! Wirklich vollkommen, denn man
muss den Weg der Vollkommenheit durchlaufen haben, um sich den
Regionen der Heiligkeit zu nähern.
Eine
allgemeine Bemerkung hiezu: diese Stufen der Frömmigkeit liegen eine über der
andern, sie sind wie eine Treppe, auf der die Seele ihren Aufstieg zu Gott
vollzieht, so dass es unmöglich ist, eine höhere Stufe zu ersteigen, ohne die
unteren Stufen zu betreten.
Es
ist klar, dass eine Seele nicht imstande sein könnte, lässliche Sünden
zu meiden, bevor sie gegen die Todsünde standhaft ist; noch könnte
sie die Unvollkommenheiten vermeiden, solange sie nicht die lässlichen
Sünden meidet; noch könnte sie heilig sein, bevor sie vollkommen wäre.
Zweifellos beginnt sich die höhere Stufe schon zu bilden, während die vorhergehende
Stufe ihre Vervollkommnung noch abschließt,
zweifellos übt man in den unteren Stufen Akte einer höheren Stufe.
Ein Sünder zum Beispiel wird manchmal aus seinem unglücklichen Zustand
durch einen Akt, der der höchsten Stufe der Heiligkeit würdig ist, heraustreten.
Jedoch kann man im allgemeinen nur einen dieser Zustände anstreben und ihn
erreichen, indem man den Stufen folgt, die dort hinauf führen.
Das
ist wichtig für die Leitung der Seelen. Jede Stufe hat ihre Pflichten und ihre
eigenen Erleuchtungen. Bei einer Seele Erleuchtungen annehmen, die sie nicht
hat, ihr Pflichten auflegen, die über ihre Stufen hinausgehen, heißt, sie
schweren Irrtümern aussetzen. Das Gelübde zum Vollkommeneren zum Beispiel
könnte nur einer Seele erlaubt werden, in der der Stand der Vollkommenheit
feste Gestalt gewonnen hat.
(Dom François de Sales Polien, IL, 20151114)
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