Was
ist die Heiligkeit? Ein Beispiel wird es mir leicht begreiflich machen. Wird
sich der Kaufmann, der durch eine Geschäftshandlung 200 Franken gewinnen kann,
mit dem Gewinn von 100 Franken zufrieden geben? Gewiss nicht, nur ein
Einfältiger könnte das tun. Jeder verständige Mensch handelt zum Besten seiner
Interessen. Wenn er nicht vollkommen dumm ist, wird also der Kaufmann die 200
Franken gewinnen.
Ich
habe die Pflicht, die Ehre Gottes zu erwirken. Das ist das wesentliche Ziel
meines Lebens. Die Geschöpfe sind mir dazu gegeben. Nun aber ist es eine klare
Sache, dass unter den Geschöpfen die einen die Ehre Gottes mehr fördern, als
die andern. Wenn ich nicht völlig dumm sein will, wenn ich will, dass mein
Leben nicht unvernünftiger als jenes des gewöhnlichsten Kaufmannes ist, bin ich
verpflichtet, die Geschöpfe zu wählen, welche die Ehre Gottes am meisten
fördern. Wenn ich mich nicht darum kümmere, jene zu wählen, die mir dazu am
meisten nützen, handle ich deutlich gegen die Vernunft, und ich widerspreche
durch mein Leben dem Grundprinzip meines Daseins. Wenn ich für diese einzig
wesentliche Aufgabe nur das normale Maß der Treue mitbringe, das die Menschen
für ihre materiellen Aufgaben aufbringen, muss ich zwischen den Geschöpfen
unterscheiden und muss ich jene auswählen, die mehr zur Verherrlichung Gottes
beitragen. Diese Wahl des Vollkommeneren ist der eigentliche Akt der
Heiligkeit.
(Dom François de Sales Polien, IL, 20151104)
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