Bruder Johann Wagner
Auf der Suche nach der verlorenen Stille
Hans Wagner, dessen genaues Geburtsdatum wir nicht kennen (vielleicht 1456), erblickte in Riedlingen an der Donau das Licht der Welt. Als junger Mann entschloss er sich, in die Schweizer Kartause Ittingen einzutreten, wo er im Jahre 1475 angenommen wurde. Als Laienbruder legte er ein Jahr darauf seine Gelübde ab. Innerhalb der Kartause gab es zu jener Zeit verschiedene Schwierigkeiten. Besonders wurden die Laienbrüder zu außerordentlichen Arbeiten herangezogen, die sie abhielten von einem vertieften Leben in Gott. Der junge Hans, war während seiner Zeit als Novize durchdrungen von einem glühenden Geist der Buße und Gottsuche. Mehr und mehr vermisste er das Schweigen und die Einsamkeit. So erkannte er, dass es nicht sein Weg war, sich diesen klösterlichen Verpflichtungen hinzugeben.
In einem Brief schrieb er dem Papst und bat, ihn von den Gelübden zu befreien um ein Einsiedlerleben führen zu können. Von Papst Innozenz VIII. erhielt er die gewünschte Erlaubnis. Sein Vorbild war Bruder Klaus von Flüeli, der zu dieser Zeit gerade erst seit zwei Jahre verstorben war.
Am 16. Mai 1489, nach der Zustimmung durch den Papst und der Erlaubnis des Kartäuserordens machte sich Hans Wagner auf den Weg. Bei einer Lichtung, nahe des „Pilatus-Gebirges“ fand er eine kleine mittelalterliche Einsiedelei oder besser: „eine dunkle Höhle, umgeben von dichter Vegetation“. Hier fing Bruder Johann sein neues Leben als Einsiedler an. Einsam. Allein. Auf sich gestellt. Da hatte er Zeit für das, was er suchte. Für die Stille und für das Gebet. Und wie bei Bruder Klaus war die Stille nur Mittel zum Zweck, denn sie machte ihn ganz offen für Gott und für die Menschen. Er horchte hinein in die leisesten Eingebungen, der göttlichen, wie der menschlichen Natur. Er konnte Diener Gottes und Diener der Mitmenschen werden.
So verbrachte er die letzten 22 Jahre seines Lebens. Was er in der Kartause gelernt hatte half ihm jetzt sehr viel. Denn im Anschluss an die strengen Regeln der Kartäuser fiel es ihm leicht mit wenig Nahrung und Wasser auszukommen und mit einem Bett auf einem Felsen anstatt mit einem Kissen. Immer blieb er in seiner Einsamkeit, ohne kaum aus seiner Höhle zu gehen, oft in Kontemplation versunken.
Durch seine ausstrahlende Art der Ruhe und des Friedens, „die greifbar auf seinem Gesicht standen“ wurde er als Heiliger wahrgenommen von denen, die versuchten ihn zu treffen und ihn zu verehren.
Im Jahr 1516, während des Pfingstfestes am 19. Mai, wurde der heilige Einsiedler sehr krank und am 9. Mai endete sein irdisches Leben, im „Geruch der Heiligkeit“.
Die sterblichen Überreste wurden begraben und darüber 1504 eine Kapelle erbaut. Heute ist hier ein Wallfahrtsort.
|
Gedenktafel an Bruder Johann Wagner an der Kapelle |
Nachlesen kann man hier: