>>> Nigg sah die Kartause nicht mit dem verklärten Blick des Romantikers. Das Leben in La Valsainte ist überaus hart und nur für eine Elite bestimmt. Auch wenn er eine geistige Verwandtschaft zu den Mönchen spürte, so wusste er doch, dass er zu ihrem Leben nicht berufen war. Das karge Klosterleben der Kartäuser hatte nichts gemein mit jenem des Hieronymus im Gehäuse bürgerlicher Gelehrsamkeit, dem Nigg letztlich doch verhaftet blieb.
Gewiss, auch sein Tagesrhythmus folgte einer klaren Struktur, aber die Unterbrechungen der Arbeit durch einen Orangensaft am Vormittag, eine Mittagsmahlzeit auf altem Familienporzellan und einen Abendimbiss waren doch meilenweit entfernt vom Gebetsleben dieser Gottesmänner. Verglichen mit ihrer Askese war jedes Weltkind ein armer Sünder.
Hier in der Kartause erfuhr Nigg in aller Tiefe den hellen Glanz einer anderen Welt, die alles Leben in der Gegenwart, auch sein eigenes, in den Schatten stellte. In der »großen Stille« erlebte Nigg das Leben in seiner reinen Form. Vor diesen Kartäusern schrumpfte auch er zu dem Durchschnittsmenschen, gegen dessen oberflächlichen Lebensstil er immer wieder wetterte. Hier erlebte er die Glut des Gebets, die er an den spanischen Mystikern so sehr liebte.
»In der Kartause wird ein christliches Dasein von einer Unbedingtheit gelebt, das sich dem Besucher als unauslöschliche Erinnerung einprägt.« <<<
(Hervorhebungen von mir)
(vgl. Uwe Wolff, "Das Geheimnis ist mein", Walter Nigg - eine Biographie, TVZ Theologischer Verlag Zürich)
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