Samstag, 29. Juni 2013

Heiliger Schauder

>>> Nigg durfte auch dem nächtlichen Gebet der Mönche und Brüder beiwohnen. Benedikt von Nursia hatte die herausragende Bedeutung dieser Nachtwachen zwischen 23 Uhr und 2 Uhr in der Morgenfrühe betont. Im Stundengebet sollte der Mönch in den ewigen Lobgesang der Engel einstimmen. Wer aber den Schlaf unterbricht und zur Mitternachtsstunde die Psalmen singt, der führte schon auf Erden ein Engelleben.

In der Kirche von La Valsainte erlebte Nigg dieses Mysterium hautnah. Keine Orgel begleitete den lateinischen Gesang in der nur notdürftig vom Kerzenschein erhellten Kirche.

Nigg war in die Rituale nicht eingeweiht worden und reagierte mit einem heiligen Schauder, als sich die Mönche während des Chorgebetes plötzlich zu Boden warfen. Sie sanken nicht auf die Knie, sondern lagen mit über den Kopf gezogenen Kapuzen ausgestreckt auf den kalten Steinen. Nigg war von dieser Gebetshaltung in vollkommener Hingabe an den Willen Gottes nachhaltig tief bewegt, ergriffen, ja geradezu erschüttert:

»Dieses unerwartete und schlagartige Niederwerfen des Körpers auf die bloße Erde wirkt erschütternd; man scheut sich, dieses Innerste ans Tageslicht zu zerren.«

Das Bild dieser Hingabe in Demut und der nächtliche Gesang wurden für Nigg zu einer unauslöschlichen Erinnerung. <<<

(Hervorhebungen von mir)

(vgl. Uwe Wolff, "Das Geheimnis ist mein", Walter Nigg - eine Biographie, TVZ Theologischer Verlag Zürich)

1 Kommentar:

  1. Vielen Dank für diese sehr interessante Serie! Vor der Tiefe dieser Gottesverehrung kann man wirklich erschaudern.

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