Mittwoch, 30. September 2015

Ach, wie krank sind wir!

IL186-Z.17.8b

Wie schrecklich ist es, in diesem dichten Nebel, wie in der Finsternis, einher zu wandeln und diese träge Atmosphäre gleichsam wie den Tod einatmen zu müssen!
Und wie schwer ist es, das in den geistlichen Organismus eingedrungene Gift auszustoßen und den Blick, die Neigungen und die Handlungen wieder völlig gesund zu machen! Wenn wir jedoch leben wollen, muss er ausgestoßen werden.
Es muss um jeden Preis geschehen, soll nicht das Gift, das jeden Tag tiefer eindringt, uns töten, in uns alles christliche Leben vernichten und Leichenfäulnis herbeiführen.
Ach, wie krank sind wir!

(Dom François de Sales Polien, IL, 20150919)


Dienstag, 29. September 2015

Gott weiß!

IL185-Z.17.8a

Wenn man in unserm Jahrhundert, das nur auf den Nutzen ausgeht, sich noch zu Gott wendet, so geschieht es eher, weil man ihn noch braucht, als um ihn zu verherrlichen. Vor allem zu bitten, dass Gott verherrlicht werde, und sich vor allem über seine Verherrlichung zu freuen, das tut eine immer geringer werdende Zahl von Seelen. Und diese große Häresie, die die Verbindung Gottes und des Menschen, die gegenseitige Harmonie, zerstört, nimmt jeder in sich auf, sie dringt überall durch, sie verdunkelt den Verstand, führt das Gefühl auf Abwege, verkehrt die Handlungen.

Gott weiß, wie eitel und falsch die Gedanken der Menschen sind (Ps (93) 94,11). Bis in das Heiligtum und in das Kloster ist diese neblige und ungesunde Atmosphäre eingedrungen; und langsam, in kleinen Gaben, aber beständig und sicher flößt sie ihr Gift ein.

(Dom François de Sales Polien, IL, 20150918)

Montag, 28. September 2015

O mein Gott, befreie uns!

IL184-Z.17.7

Welcher Gegensatz besteht zu dem, was mir die Bibel zeigt. Im Leben der Patriarchen fühlt man, dass Gott, ihr Gott, alles für sie ist. Er beherrscht, beeinflusst, leitet in Wirklichkeit ihr Leben. In ihrer Geschichte fühlt man jeden Augenblick den Windhauch Gottes vorüberziehen. Dasselbe ist in der ganzen Geschichte des auserwählten Volkes der Fall. Gott ist der Mittelpunkt von allem. Wenn die menschlichen Leidenschaften sein Andenken vergessen lassen, rufen die Züchtigungen es wieder wach, und unter der Rute ist der Ruf, der erschallt und der den Sieg über die Feinde erfleht, immer an erster Stelle die Ehre Gottes.

Um der Ehre deines Namens willen, O mein Gott, befreie uns (Ps (78) 79.9). Und nach erlangtem Sieg freut man sich vor allem darüber, dass Gott verherrlicht worden ist (Ex 15,1). Wenn Moses (Num 14,13), Judith (Jdt 9), Esther (14) das Heil ihres Volkes erlangen wollen, dann rufen sie die Ehre des Namens Gottes an, und seine Ehre bewegt Gott zur Rettung seines Volkes () Ps (105) 106,8). Welchen Platz nimmt in den Psalmen die Ehre Gottes ein! Sie ist das höchste und beständige Ziel dieser erhabenen Gesänge.

(Dom François de Sales Polien, IL, 20150917)


Sonntag, 27. September 2015

Samstag, 26. September 2015

Mensch an Gottes Stelle

IL183-Z.17.6b

Ich nehme die Geschichte als Beispiel, wo das vielleicht am meisten zutrifft. Die Geschichte sollte nur die Schilderung der Verherrlichung Gottes in den menschlichen Schicksalen, der Tätigkeit Gottes, die in die menschlichen Unternehmungen eingreift, sein. Sie ist aber nur mehr die farblose Schilderung der krampfhaften Bemühungen der Menschheit. So schweift alles ab von seinem Ursprung und von seinem Ziel.

Das ist die große revolutionäre Häresie: der Mensch wird an Stelle Gottes gestellt.

(Dom François de Sales Polien, IL, 20150916)


Freitag, 25. September 2015

Die Beziehungen der Menschen

IL182-Z.17.6a

Dieses Übel ist auch das Hauptübel der Gesellschaft.
Alles in der Gesellschaft ist für den Menschen eingerichtet;
das menschliche Interesse beherrscht alles,
beeinflusst alles,
leitet alles,
nimmt alles in Anspruch.

Welchen Platz nimmt die Ehre Gottes ein in den Familien, in den Vereinen, in den bestehenden Körperschaften?
Wo ist der Gedanke an Gott in der Industrie, beim Handel, in den Wissenschaften, in der Politik, in der Geschichte usw.?

In den Beziehungen der Menschen untereinander saugt das menschliche Interesse gänzlich die Gedanken, die Neigungen und Bemühungen auf. Alles neigt sich ihm zu.

Der Gedanke an Gott und seine Ehre schwächt sich immer mehr ab und verschwindet allmählich, der Mensch verjagt Gott.

(Dom François de Sales Polien, IL, 20150915)


Donnerstag, 24. September 2015

Ich begreife niemals

IL181-Z.17.5

Natürliches Leben, geistliches Leben,
beinahe alles in mir ist beeinflusst, geregelt, geleitet, beherrscht durch meine Befriedigung.

Welch schreckliche Gewissenserforschung, wenn ich meine Gedanken, Neigungen und Handlungen bis ins einzelne prüfen wollte! –
Wie würde ich bei allem, überall und immer den verfluchten Trieb meiner selbstsüchtigen Befriedigung sehen, der die Ehre Gottes zu unterdrücken und manchmal ganz auszulöschen sucht! Bei allem! –

O, ich begreife niemals, wie sehr mein Leben Unordnung ist! –
Ich bin überall der erste; Gott ist unaufhörlich an zweite Stelle oder ganz beiseite gesetzt.

Bei allem, was ich tue, was mir begegnet, was ich suche oder meide, schaue ich in erster Linie auf meine Person.
Ich liebe meinetwegen, ich verabscheue meinetwegen.
Inwiefern dient mir das zur Verherrlichung Gottes?
Darüber sollte ich mich gewohnheitsmäßig bei allem an erster Stelle fragen, und darüber frage ich mich so selten.
Inwiefern dient mir das zu meinem Nutzen oder zu meiner Lust? Darauf schaue ich immer an erster Stelle, aber darauf sollte ich nur an zweiter Stelle sehen und bloß als Folge oder als Mittel zur Verherrlichung Gottes. –
Habe ich je gewusst, was Vollkommenheit ist?

(Dom François de Sales Polien, IL, 20150914)


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