O,
wie leicht täusche ich mich in diesem Punkt!
Wenn mich der geringste Gedanke an Vollkommenheit erfasst, nehme ich gleich meine Zuflucht zum Opfer, so sehr, dass die Idee von Vollkommenheit sich für mich beinahe mit der Idee von Entbehrung und Opfer vermischt. Ich begreife sie gar nicht anders. Meine erste Regung würde sein, das Wasser nicht zu trinken, um dem zu genügen, was ich für die Vollkommenheit halte. Wenn ein Anfall von Eifer mein Herz erfasst, dann siehst du mich auf der Reise nach Bußübungen und Entbehrungen, und da glaube ich die Vollkommenheit zu finden. Armer Verirrter! Die Vollkommenheit findest du nicht auf diesem Weg.
Diese
Opfer führen oft gerade zum Gegenteil.
Denn
während ich mich diesen Entbehrungen so richtig ergebe, denke ich nicht daran,
wieder auf die rechten Wege zurückzugehen, ich fahre fort, mich selbst zu
suchen, die Unordnung bleibt in mir. Oft sogar wähle ich diese Opfer unter der
Eingebung meiner Laune, meines augenblicklichen Geschmacks; sogar bei ihrer
Auswahl zeigt sich meine Selbstsucht; selbst die Handlung, durch die ich sie
auswähle, ist nur zu leicht eine Unordnung. Als genugtuende Handlungen können
sie einen gewissen Wert haben, um zur Vollkommenheit zu führen, taugen sie
nichts, wenigstens sehr oft.
(Dom François de Sales Polien, IL, 20150825)
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