Samstag, 12. September 2015

List der Eigenliebe

IL171-Z.16.7

Unter dem Vorwand, einfach meine Befriedigung der Ehre oder dem Dienste Gottes unterzuordnen, kann mir sehr leicht eine Täuschung begegnen; und unter der Hülle der Verherrlichung Gottes kann ich im Grunde mehr an mir hängen als an Gott, mehr mich suchen als Gott.

Die vielfältige List der Eigenliebe ist so fein und die Täuschungen des Versuchers sind so arg!

Wie oft geschieht es gerade, dass ich sehr kostbare Vorwände zur größten Verherrlichung Gottes finde, um nicht nur Unvollkommenheiten, sondern wahrhafte Sünden berechtigt erscheinen zu lassen? Was ist bei dieser Gefahr zu tun? Denn es ist eine Gefahr, eine große Gefahr.

Ich muss einfach darüber wachen, dass ich meine rechte Absicht aufrecht halte, ich muss sehen, ob ich nicht mich selbst zu hintergehen und zu täuschen suche. Darüber gibt das Gewissen dem, der sich ernstlich fragen will, ausreichend klaren Aufschluss; und im übrigen darf ich mich auf Gott verlassen.

Denn da, wo unfreiwillige Täuschungen vorkommen, übernimmt Gott die Aufgabe, sie zu verjagen. Er übernimmt die Aufgabe, die getäuschte Seele von der Befriedigung, von der sie eingenommen wird, loszureißen; und wenn diese Befriedigung von Ihr mit Gewalt losgerissen ist, dann fühlt sie, in welchem Maß sie an ihr gehangen war. Je schwieriger die Trennung davon, desto mehr zeigt sich der Grad der Gier, weiter in ihrem Besitz zu sein und zu bleiben (Augustinus, De doctr. christ. Lib.3. tr. 27).

(Dom François de Sales Polien, IL, 20150902)


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