Freitag, 31. Mai 2013

Kein fabelhaftes, interessantes Phänomen

- Dies wäre eine Selbsttäuschung.

Den Mönchen liegt jedes reizvolle Element fern, da sie bereits die Phantasie als Feindin werten, vor der sie sich äußerst in acht nehmen.

[…] Sogar gegen den Titel des guten Buches „Das weiße Paradies“ von Pieter van der Meer der Walcheren erheben sich Bedenken, weil sich mit seiner Überschrift zu unbeschwerte Assoziationen verbinden können.

Walter Nigg (Bruno und die Kartäuser in Geheimnis der Mönche, Zürich 1953)



Donnerstag, 30. Mai 2013

Kein Gefühl

Wenn auch beide Eindrücke am Entscheidenden vorbeigehen, so ist der schreckhafte, sich auflehnende doch besser als der romantische. Er hat wenigstens eine Seite des Kartäusertums wahrgenommen, die Härte, während der andere einem bloßen Mißverständnis zum Opfer gefallen ist.

Das Gefühl des Entzücktseins läßt sich von der äußern Aufmachung täuschen und bleibt völlig an der Oberfläche haften. Mit dem romantischen Lebensgefühl hat das Kartäuserkloster nichts, aber auch gar nichts zu tun. In seine Mauern ziehen sich nicht Menschen mit gebrochenem Herzen zurück, um ihr Leben in Resignation zu vertrauern […].

Walter Nigg (Bruno und die Kartäuser in Geheimnis der Mönche, Zürich 1953)




Mittwoch, 29. Mai 2013

Verschiedene Eindrücke beim Besuch einer Kartause

Auf einen poetisch veranlagten Besucher wird das Ganze im ersten Moment eine romantische Wirkung ausüben. Die Einsamkeit der Gegend, die lautlose Stille im Kloster, unterbrochen durch das Vogelgezwitscher in der grandiosen Natur, die seltsam aneinandergebauten Häuschen, kurz, alle diese Wahrnehmungen vermitteln dem Besucher die Vorstellung von einer Romantik, die nicht zu überbieten ist. Was immer er gelegentlich in einem historischen Roman vom Klosterleben gelesen hat, wird nun lebendig und erfüllt ihn mit Entzücken.

Die Kartause kann jedoch auch einen schreckhaften Eindruck erwecken, der dem Besucher in die Glieder fährt. Allzu verschieden ist die Gegenwart des Kartäusers von derjenigen des Weltmenschen. Was ihm lieb und wichtig ist, wie Kunst und Wissenschaft, Sport und Mode, wird weit zurückgelassen. Der Kartäuser übersteigt dies alles und dringt in ganz andere Regionen vor. Der Eindruck kann dermaßen unheimlich sein, dass er nur an baldige Rückkehr in die Welt denkt und oft noch in der gleichen Nacht voller Entsetzen über die Mauern flüchtet.

Walter Nigg (Bruno und die Kartäuser in Geheimnis der Mönche, Zürich 1953)



Dienstag, 28. Mai 2013

Die Kartäuser-Zelle

Die Mönchszelle ist heiliger Boden und der Ort wo sich der Herr und sein Diener häufig miteinander unterhalten. Der Freund trifft hier den Freund und das Wort Gottes zieht die treue Seele an sich. Der Bräutigam verbindet sich mit seiner himmlischen Braut. So wird Himmlisches mit Irdischem, Göttliches mit dem Menschlichen vereint (vgl. Statuten 4.1).

In der Zelle ist alles drauf hingeordnet und durch Jahrhunderte erprobt, dass der Mönch die Einfachheit des Ortes, die ja seine Wüste ist, seine Einöde, ertragen kann und dass sie ihm zur Notwendigkeit wird für sein geistliches Leben, damit er darin dem Herrn begegnen kann. Was notwendig ist, das ist vorhanden. Mehr braucht es nicht.

So wie die Zelle als Ort der Wüste und Gottesbegegnung ist, so kann sie auch Ort des Kampfes sein. Denn die Einsamkeit, das Getrenntsein von Menschen und die Öde des Ortes können den Schwachen, Einsamen, Trägen, Hoffnungslosen, Hochmütigen, - den Sünder, der jeder Mensch und Mönch ist, verführen und in ihm Trugbilder hervorbringen. So wird die Zelle Ort der Begegnung mit dem Teufel, den Dämonen, der Auseinandersetzung mit der eigenen dunklen Seele, der eigenen Schwächen. Die Abgründe, die die Seele an sich am meisten erkennt, deuten auf die vermeintliche Gottferne hin, der sie sich ausgesetzt sieht. Doch Gottesferne ist nicht die Abwesenheit Gottes. Gottesferne kann auch der Anruf Gottes an die Seele sein, sie solle sich endlich frei machen vom alten Menschen, von allen Anhänglichheiten, denen sie sich immer wieder hingibt und ausliefert. Ja. auch die Mönchszelle kann zum Ort der Bequemlichkeit werden. Denn der Mönch könnte sich in ihr „einrichten“, als Rückzugsort, als Fluchtburg – vor Gott. Wehe dem!

Dem Wüstenvater Antonius, der den Kartäusern zum Vorbild taugt, zog sich in Gräbern und Krüften zurück. Aus Furcht vor den eigenen Leidenschaften. Er wollte den Sünden sterben, den eigenen Sünden. Antonius hatte keinerlei Bequemlichkeit, nicht einmal zu essen. In der Wüste war er darauf angewiesen, dass andere ihm zu essen gaben, ihm das Essen brachten. Antonius wollte mit Christus leben, wie heute die Kartäuser. Und so machte Antonius ein Grab und die Wüste zu seiner Behausung und  zu seiner Zelle. Doch auch hier entging Antonius nicht sich selber. Die Dämonen gingen ihm nach. Er entging den Dämonen nicht. Denn er konnte nicht sich selbst flüchten. Dämonen beschäftigen die Seele, sie attackieren auch körperlich. Dass Dämonen über Menschen herfallen kennen wir auch aus den Lebensbeschreibungen von Heiligen, etwa des heiligen Pfarrers von Ars oder vom heiligen Pater Pio.

Die Mönchszelle ist für den Kartäuser also auch der Ort des Kämpfens. Zum Trost soll er aber wissen, dass in diesem Leben eher solche Christen von Dämonen angegriffen werden, die ein ausgesprochen frommes Leben führen. Sie sind ideale Gegner für den Teufel und seine Helfershelfer, nicht die Lauen. So wappnen sich die Kartäuser mit dem Anzug eines strengen Lebens und nicht zu unrecht nennt man ihr Leben auch ein Büßerleben.

Und doch ist die Kartäuserszelle heiliger Boden und der Ort wo sich der Herr und sein Diener häufig miteinander unterhalten. Der Freund trifft hier den Freund und das Wort Gottes zieht die treue Seele an sich. Der Bräutigam verbindet sich mit seiner himmlischen Braut. So wird Himmlisches mit Irdischem, Göttliches mit dem Menschlichen vereint (vgl. Statuten 4.1).


Wie jedes Christenleben ist auch das Leben des Kartäusers angefochten. 
Auf dem Weg zu Gott ist das Vorwärtsschreiten nicht garantiert. 
Rückschritte und Abstürze sind jederzeit möglich. 
Also: bleibe in deiner Zelle und suche den Herrn. 
Tag und Nacht sollst du Ihn suchen.
 



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