* * * * * * *
Von
Prof. Dr. Max Josef Heimbucher (1859-1946);
Priester, Lehrer, Wissenschaftler.
Die
Kartäuser
In jeder Kartause befinden sich Profeßreligiosen
(Mönche, Patres) und zur Hilfe bei gröberen Arbeiten Laienbrüder (Fratres). Die
Laienbrüder wohnen gemeinschaftlich und stehen unter der ständigen Leitung des
P. Prokurator, der die gesamte Verwaltung des Weltlichen besorgt. Vor dem
zwanzigsten Lebensjahr darf niemand aufgenommen werden. Nach einjährigem
Noviziat wird die einfache» nach weiteren vier Jahren die feierliche Profeß
abgelegt.
Die Kartäuser beobachten immerwährendes
Stillschweigen, doch dürfen sie Notwendiges und Nützliches mit wenigen Worten
begehren, auch findet an Sonntagen und bestimmten Feiertagen eine
gemeinschaftliche Unterredung statt. Ebenso wird in jeder Woche ein
gemeinsamer, etwa dreieinhalb Stunden wahrender Spaziergang gemacht, auf dem
religiöse Gespräche geführt werden dürfen. Im Gegensatz zu andern Orden, die
viel Bildungs- und Aushilfsarbeit außerhalb der Klosterklausur auf sich nehmen,
sind die Kartäuser völlig zurückgezogen. Damit man nicht mit der Welt in
Verbindung treten muß, soll sämtlicher Grund und Boden, aus dem das Kloster
seinen Lebensunterhalt gewinnt, rings um das Kloster liegen und ein
geschlossenes Ganzes bilden. Die Kartäuser haben so in der Urbarmachung
unfruchtbaren Landes schon Großes geleistet. Dieses Gebiet bildet den
Wirkungskreis der Laienbrüder; darüber hinaus darf kein Kartäuser gehen. Die
Profeßreligiosen sind auf einen noch engeren Bezirk beschränkt. Rings um das
Hauptgebäude (mit Kapitelsaal, Bibliothek usw.) liegen die Zellen der Patres;
sie bilden kleine Häuschen für sich und stehen in keinerlei Verbindung miteinander.
Jedes enthält einen zehn Meter langen Gang zum Auf-und Abgehen, ein Vorzimmer,
ein Studierzimmer, eine Werkstätte, einen Lagerraum für Holz und Kohle, in der
Regel auch einen eigenen Raum zum Beten und einen solchen zum Schlafen. Der
Gang läuft in einen kleinen Garten aus, welchen der die Zelle bewohnende
Kartäuser instand hält. Kein Kartäuser darf ohne Erlaubnis des Obern das
Häuschen eines andern betreten.
Die (fleischlose) Nahrung wird dem
Kartäuser fertig zubereitet von den Laienbrüdern durch eine kleine, zur Seite
der Eingangstüre angebrachte Öffnung gereicht. Von Kreuzerhöhung (14.
September) bis Ostern gibt es an mehreren Wochentagen nur eine einzige Mahlzeit,
an Freitagen und an den Vorabenden hoher Feste ist nur Wasser und Brot erlaubt.
Die Kartäuser legen sich im Sommer und im
Winter um sieben Uhr schlafen, pflegen jedoch nur bis halb elf oder elf Uhr
nachts der Ruhe. Dann wird jeder durch einen Schlag an seine Zelle geweckt,
worauf er für sich die Matutin und Laudes des kleinen marianischen Offiziums
betet. Um Mitternacht begeben sich die Kartäuser, ein Licht in der Hand, die
Kapuzen über den Kopf gezogen, in den Chor der Kirche, wo sie das Tagesoffizium
in langsam-feierlicher Weise singen, was fast bis zwei Uhr morgens währt.
Hierauf begeben sie sich nochmals zur Ruhe, beten um sechs Uhr die Prim und
versammeln sich um sieben Uhr abermals in der Kirche, um hier in den
Chorstühlen dem feierlichen Hochamt beizuwohnen. Am Altar befindet sich nur der
zelebrierende Priester; ist eine Dienstleistung vorzunehmen, so tritt ein
Kartäuser aus seinem Chorstuhl an den Altar. Die Gesänge werden ohne
Orgelbegleitung angestimmt. Bei der Stelle des Credo: Et incarnatus est..., bei
der Wandlung und der Kommunion werfen sich alle auf ihr Angesicht nieder und
bleiben in dieser Stellung liegen, bis der den Ministrantendienst Verrichtende
durch Klopfen mit dem Fuß das Zeichen zum Aufstehen gibt. Später kehren alle in
ihre Häuschen zurück, um eine halbstündige Betrachtung zu halten und dann die Arbeit
zu beginnen. Neben Gebet und Entsagung pflegt der Orden vor allem die
Meditation und die wissenschaftlichen Studien. Die Zeit, welche der Kartäuser
täglich den asketischen Übungen widmet, beträgt ungefähr acht Stunden. Nochmals
kommen die Kartäuser um 2.45 Uhr nachmittags zur Vesper in der Kirche zusammen.
Die Sterbesakramente empfängt der Kartäuser
in Gegenwart der ganzen Ordensgemeinde. Sein Leichnam wird, nur mit den Ordenskleidern
umhüllt, in die Erde gesenkt. Ein einfaches, namenloses Holzkreuz bezeichnet
sein Grab.
(Erschienen in: Du, Kulturelle
Monatsschrift, 8-1948)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen