Sonntag, 31. Juli 2011

Papst an die Kartäuser - 900 Jahre, 8

3. Im Herzen der Wüste – der Ort der Prüfung und Läuterung des Glaubens – führt der Vater die Menschen auf einen Weg der Entäußerung, der sich aller Logik des Besitzens, des Erfolges und der illusorischen Glückseligkeit widersetzt. Guigo der Kartäuser hörte nicht auf, all jene zu ermutigen, die nach dem Ideal des hl. Bruno leben wollten, um »dem Beispiel des armen Christus zu folgen (damit) […] sie teilhaben an seinen Reichtümern« (Sur la vie solitaire, 6). Diese Entäußerung ist von einem radikalen Bruch mit der Welt gekennzeichnet, was nicht eine Geringschätzung der Welt bedeutet, sondern eine Orientierungshilfe bietet, die man sich für das ganze Leben vorgenommen hat auf der Suche nach dem einzigen Gut: »Du hast mich betört, o Herr, und ich ließ mich betören« (Jer 20,7). Selig ist die Kirche, denn sie besitzt das Zeugnis der Kartäuser, die sich völlig dem Geist hingaben und ganz für Christus gelebt haben! 

Kartause San Bruno: Kalenderblatt vom 1. Januar
 

Samstag, 30. Juli 2011

Papst an die Kartäuser - 900 Jahre, 7

Wie könnte man da auch nur für einen Augenblick zweifeln, dass ein ähnlicher Ausdruck reiner Liebe dem Kartäuserleben eine außerordentliche Fruchtbarkeit verleiht? In der Zurückgezogenheit des Klosters und in der Einsamkeit der Zelle weben die Kartäuser geduldig und in Schweigen gehüllt am Hochzeitskleid der Kirche, »bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat« (Offb 21,2). Sie tragen jeden Tag die Welt vor Gott und laden die ganze Menschheit zum Hochzeitsfest des Lammes ein. Die Feier des eucharistischen Opfers stellt die Quelle und den Höhepunkt des ganzen Lebens in der Wüste dar, indem all jene Christus selbst gleich zu werden versuchen, die sich der Liebe hingeben, um die Gegenwart und das Wirken des Erlösers in der Welt sichtbar werden zu lassen für das Heil aller Menschen und zur Freude der Kirche.

Am 5. Oktober 1984 besuchte Johannes Paul II. die Kartause San Bruno, Kalabrien

Freitag, 29. Juli 2011

Papst an die Kartäuser - 900 Jahre, 6

2. Nach dem Großen Jubiläum der Menschwerdung erhält der 900. Todestag des hl. Bruno heute eine noch größere Bedeutung. Im Apostolischen Schreiben Novo millennio ineunte lade ich das ganze Gottesvolk dazu ein, wieder von Christus auszugehen, um allen, die nach Sinn und Wahrheit dürsten, zu ermöglichen, daß sie Gottes und der Kirche Herz schlagen hören. Das Wort Christi »Seid gewiss: ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt« (Mt 28,20) ermutigt alle, die sich Jünger nennen, aus dieser Gewissheit neuen Elan für ihr Leben als Christen und inspirierende Kraft für ihren Weg zu schöpfen (vgl. Novo millennio ineunte, 29). Die Berufung zum Gebet und zur Kontemplation, welche das Kartäuserleben auszeichnet, zeigt in besonderer Weise, dass nur Christus der menschlichen Hoffnung die ganze Fülle an Bedeutung und Freude verleihen kann.  

Papst Johannes Paul II. in der Kartause San Bruno am 5.10.1984

Donnerstag, 28. Juli 2011

Papst an die Kartäuser - 900 Jahre, 5


Diese einfühlsamen Worte des Bestattungspergamentes bringen die Fruchtbarkeit eines Lebens zum Ausdruck, das der Betrachtung des Antlitzes Christi geweiht ist, welches die Quelle apostolischer Wirksamkeit und Ansporn zu brüderlicher Liebe ist. Mögen die Söhne und Töchter des hl. Bruno nach dem Beispiel ihres Vaters unermüdlich die Kontemplation Christi fortsetzen und so »eine heilige und beharrliche Wache bilden in der Erwartung der Rückkehr ihres Meisters, um ihm zu öffnen, sobald er anklopft« (Brief an Raoul, 4). Dies ist ein ermutigender Appell, auf dass alle Christen wachsam im Gebet verharren mit dem Ziel, ihren Herrn aufzunehmen!  

Johannes Paul II. am 5. Oktober 1984 in der Kartause San Bruno, Kalabrien

Mittwoch, 27. Juli 2011

Papst an die Kartäuser - 900 Jahre, 4


Bruno bekundet seinen lebendigen Sinn für die Kirche, er, der im Stande war, »sein« Projekt zu vergessen, um auf den Ruf des Papstes zu antworten. Er war sich bewusst, dass der lange Weg der Heiligkeit nicht ohne den Gehorsam gegenüber der Kirche auskommt, und er zeigt uns, dass wahres Leben in der Nachfolge Christi bedeutet, sich in seine Hände zu begeben und durch die Selbsthingabe jene Erhöhung der Liebe zu zeigen. Eine ähnliche Haltung bewahrte er auch stets durch seine Freude und durch das ständige Gotteslob. Seine Brüder beobachteten, dass »sein Gesicht immer strahlte vor Freude und sein Wort immer wohlbedacht war. Mit der Stärke eines Vaters verstand er die Feinfühligkeit einer Mutter zu zeigen« (Einführung in das Bestattungspergament des hl. Bruno).  

Papst Johannes Paul II. in der Kartause San Beuno, Kalabrien, 5.10.1984


Dienstag, 26. Juli 2011

Papst an die Kartäuser - 900 Jahre, 3

Er war Zeuge jener kulturellen und religiösen Umwälzungen, die das junge Europa damals erschütterten, ein Meister der Reform, welche die Kirche angesichts der bestehenden inneren Schwierigkeiten durchführen wollte. Da Bruno ein geschätzter Lehrer war, fühlte er sich berufen, sich dem einzigen Gut zu weihen, das Gott selbst ist. »Gibt es etwas besseres als Gott? Gibt es ein anderes Gut außer dem einzigen Gott? Also brennt die geheiligte Seele durch die Flamme der himmlischen Liebe, die dieses Gut verspürt, seinen unbegreifbaren Glanz, sein Strahlen, seine Schönheit, und sie ruft aus: Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott, wenn ich kommen und das Antlitz Gottes schauen werde« (Brief an Raoul, 15). Der radikale Charakter dieses Durstes drängte Bruno, indem er geduldig auf den Geist hörte, zusammen mit seinen Gefährten einen Lebensstil als Eremiten zu finden, bei dem alles die Antwort auf den Ruf Christi fördert, der zu allen Zeiten Menschen erwählt, »um sie in die Abgeschiedenheit zu führen und sich mit ihnen in inniger Liebe zu verbinden« (Statuten des Kartäuserordens). Mit dieser Entscheidung für ein »Leben in der Wüste« lädt Bruno die ganze kirchliche Gemeinschaft ein, »niemals die höchste Berufung aus den Augen zu verlieren, nämlich immer beim Herrn zu sein« (Vita consecrata, 7).  


Am 5. Oktober 1984 besuchte Papst Johannes Paul II. die Kartause San Bruno in Kalabrien.

Montag, 25. Juli 2011

Papst an die Kartäuser - 900 Jahre, 2


 1. Während die Mitglieder der Kartäuserfamilie den 900. Todestag ihres Gründers begehen, möchte ich zusammen mit ihnen Gott danken, dass er seiner Kirche eine so herausragende und stets aktuelle Persönlichkeit wie den hl. Bruno geschenkt hat. Mit meinem inständigen Gebet und in hoher Achtung vor eurem Zeugnis der Treue gegenüber dem Stuhl Petri stimme ich gerne in die Freude des Kartäuserordens mit ein, der in diesem »so gütigen und unvergleichlichen Vater« einen Meister spirituellen Lebens gefunden hat. Am 6. Oktober 1101 verließ Bruno, »sich vor göttlicher Liebe verzehrend«, die »flüchtigen Schatten des weltlichen Daseins«, um endgültig die »ewigen Güter« zu erlangen (vgl. Brief an Raoul, 13). Die Brüder der Einsiedelei von »Santa Maria della Torre« in Kalabrien, die er sehr lieb gewonnen hatte, konnten keinen Zweifel darüber hegen, dass dieser »dies natalis« der Anfang eines einzigartigen spirituellen Abenteuers war, welches auch heute noch reiche Frucht für die Kirche und die Welt bringt.  

Papst Johannes Paul II. besuchte am 5. Oktober 1984 die Kartause San Bruno in Kalabrien


Sonntag, 24. Juli 2011

Papst an die Kartäuser - 900 Jahre, 1

An den hochwürdigen Pater Marcellin Theeuwes,
Prior der Kartause und Generaloberer des Kartäuserordens,
sowie an alle Mitglieder der Familie der Kartäuser




Die Botschaft des Heiligen Vaters Anlässlich 
des 900. Todestages des heiligen Bruno.

Kartäusergesänge

Zum Sonntag

Samstag, 23. Juli 2011

Läuten - Asperges me

Die Kartause Sélignac:
Läuten beim Einzug in die Kirche, Angelusläuten,
Asperges me, Orationen in französisch, Gesang lateinisch.


Freitag, 22. Juli 2011

Gott schauen, 120

(Augustin Guillerand, Écrits spirituels, II,133):

Mein Gott! Endlich bin ich am Ziel.
Das Ziel bist DU, Ich besitze Dich.
Jetzt muss ich bei Dir bleiben:
„Bleibt in mir! Bleibt in meiner Liebe!
Bleibt in mir, wie der Rebzweig im Rebstock bleibt,
der ihn hält und nährt“ (vgl. Joh 15,4.9).
Nichts ist mir lieber als diese deine Einladung,
dich nicht mehr zu lassen.
Jeden Augenblick,
überall will ich mich mit Dir vereinen,
um mich mehr und mehr in Dich
umgestalten zu lassen.
Jesus, Du opferst Dich im Heiligtum meiner Seele.
Jeder Christ ist ein Priester (vgl. 1Petr 2,9).
In seinem Innersten besitzt er einen Altar,
auf dem er sich selbst Gott darbringen
und opfern kann.

 ****

Das ENDE von "Gott schauen ".

Donnerstag, 21. Juli 2011

Gott schauen, 119


(Jean-Baptist Porion, Im Banne der Dreieinigkeit, 74):

Ob ein solcher Beschaulicher nun
mit vielfältigen Arbeiten beschäftigt ist oder ruht,
er lebt in Wirklichkeit nur das Eine:
„Der Vater, der in mir wohnt, er vollbringt die Werke“ (Joh 14,11).
Sein Blick ist nach innen gerichtet,
wo er die unergründliche Einfachheit Gottes schaut.
Und diese Einfachheit ist sein Reichtum,
seine Kraft und seine unerschöpfliche Freude.

Mittwoch, 20. Juli 2011

Gott schauen, 118


(Jean-Baptist Porion, Amour et silence, 122):

Das Gnadenleben,
das innere Leben
gipfelt im beschaulichen Leben.
Die Beschauung ist der einfachste
und unmittelbarste Akt der Liebe zu Gott.
Jede Liebe erfordert selbstvergessene Hingabe.
Diese ist in besonderer Weise im Bereich der Gnade notwendig:
„Wer sein Leben verliert …“ (Mt 10,39).

Die Menschenseele besitzt die Gabe,
sich vollkommener zu vergessen
als jedes andere Lebewesen.
Sie vermag dann, wenn sie ganz durchsichtig geworden ist,
in ihrer Tiefe Gott widerzuspiegeln.
Dazu muss sie freilich ihren Blick schweigend und gesammelt
auf Gott ausrichten
und Gott in sich
seinen Willen vollziehen lassen.
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