Samstag, 16. Juli 2011

Gott schauen, 114


(Dionysius der Kartäuser, De fonte lucis ac semitis vitae, XVI, Opera omnia, 41,115-116):

Gott hält das Licht der Beschauung in seinen Händen.
Zuweilen öffnet er sie und lässt dieses herrliche Licht
in die gereinigte Seele fluten.
Dann kann sich die Seele nicht mehr halten
und strömt von Liebe über.
Sie ist hingerissen von dem unermesslichen Licht, das sie schaut,
und vergisst sich selbst.
All ihre Kräfte und Sinne schwinden dahin,
und sie versinkt in dem Abgrund des ungeschaffenen Lichtes,
in das Meer der Glückseligkeit
und wird vom Liebesfeuer verzehrt.
Dennoch kann sie nicht lange in dieser Beschauung verharren,
denn Gott zieht das Licht wieder zurück.
Nach einiger Zeit lässt Gott es von neuem
wieder in die Seele zurückkehren
mit größerer Leuchtkraft als zuvor.
Wenn die Seele von aller Anhänglichkeit an Vergängliches sich löst
und nichts als Gott ersehnt,
kann sie täglich mehr zu Gott aufsteigen
und sieht sich eingetaucht in die Ewige Liebe.

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