Donnerstag, 19. Juli 2012

Zwei Besuche in der Kartause Marienau (1. Besuch)

Das ganze Jahr über besuchen Neugierige die Kartause Marienau. Manche sind sie angezogen von etwas numinösem, etwas geheimnisvollen, das sich um das Kartäuserleben rangt. Andere wissen schon etwas vom verborgenen Leben dieser Mönche und würden gerne mehr erfahren, sehen und vielleicht erleben.

Ich dokumentiere hier den Text eines frommen Besuchers der Kartause Marienau, der sich einige Tage in der nahen Umgebung aufhielt und oft das Kloster umwanderte. Er durfte manchmal an der Vesper von der Empore aus teilnehmen. In dankbarer Erinnerung an diese segensreichen Tage schrieb er ein Gedicht, welches ich nachstehend veröffentlichen darf.


Die Kartause Marienau



Stat crux, dum volvitur orbis.
(Das Kreuz steht, während die Welt sich dreht).


Rings von hohem Wald umgeben,
wo es kaum noch Wege hat,
liegt, dem Blick der Welt entzogen,
eine kleine Klosterstadt.

Nur die Eingeweihten kennen
diesen stillen Ort genau
und sie wissen auch den Namen,
den er trägt: Marienau.

Unscheinbar sind die Gebäude,
wenn man sie von außen sieht.
Dieser Ort ist keine Stätte,
die Touristen an sich zieht.

Er verzichtet auch auf Werbung
und auf jede Attraktion.
Seine Existenz als solche
 ist genug Provokation.

Was man dem verborg’nen Orte
äußerlich nicht anseh’n kann:
Die Bewohner hier gehören
dem Kartäuserorden an.

Man nennt sie die „Weißen Mönche“
wegen ihrer Ordenstracht,
doch das ist es nicht alleine,
was sie so besonders macht.

Das, was dieser Mönchsgemeinschaft
etwas Seltenes verleiht,
ist: Sie hat ihr ganzes Leben
Gott und seinem Dienst geweiht.

Während sich die Welt voll Eifer
hektisch um sich selber dreht,
stehen die Kartäusermönche
für sie ein durch ihr Gebet.

Einem strengen Rhythmus folgend,
halten sie bei Tag und Nacht
in der schlichten Klosterkirche
und der Zelle stille Wacht.

Was die Welt in blindem Wahne
ständig suchet und begehrt –
Geld, Prestige und Karriere –
ist den Mönchen ohne Wert.

Nicht nach reichen, teuren Dingen,
Glanz und äußerlichem Schein
suchen sie. Ihr ganzes Streben
gilt nur Gott, dem Herrn, allein.

Wie Maria auf ihn hörend
und gehorsam seinem Ruf,
widmen sie ihr ganzes Dasein
dieser Liebe, die sie schuf.

Andere Prioritäten
setzen sie als sonst die Welt.
Unter das Gebot des Schweigens
haben sie sich selbst gestellt.

Einsam, von der Welt geschieden,
doch ihr im Gebete nah,
führen sie ihr stilles Leben
Tag um Tag und Jahr um Jahr.

Flehend für die Menschen draußen,
für die Völker weit und breit,
bittend um ein Licht der Hoffnung
und um Trost in allem Leid.

Sie verkünden nicht durch Worte.
Ihre Predigt ist ihr Sein
und die Botschaft ist ihr Leben:
Gott genügt, er ganz allein.

Rings von hohem Wald umgeben,
wo es kaum noch Wege hat,
liegt, dem Blick der Welt entzogen,
eine kleine Klosterstadt.

Muss es nicht zu denken geben,
dass es solche Menschen gibt,
die uns zeigen, dass Erfüllung
dem geschenkt wird, der Gott liebt?

Dass nichts schöner ist auf Erden,
als die uns gewährte Zeit
ihm zu weihen in Betrachtung
und in stiller Dankbarkeit?

Und dass über allem Leben,
das da blühet und vergeht,
als ein großes Hoffnungszeichen
Christi Kreuz am Himmel steht?

Dank sei Gott für dieses Zeichen
und für Oberschwabens Bau,
der von Heil und Gnade kündet:
für den Ort Marienau.

 © Arnd Herrmann


  
                                              

2 Kommentare:

  1. Ein sehr schönes Gedicht von einem offensichtlich ziemlich begabten katholischen Dichter.

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  2. Schönes Gedicht, es trifft sehr gut und fasst in wenige Worte, wofür ich viel mehr Text gebrauche. Vielen Dank dafür!

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