Erst später lernte ich, dass dies nicht der
ganze Blick auf die Wüste war. Es gibt auch die Schönheit der Wüste, ihre sich
ständig verändernden Landschaftsbilder; Oasen die Leben spenden,
Menschenfreundlichkeit der Wüstenbewohner. Und vor allem: Wüste ist nicht nur
die Sahara; sie ist geringe Vegetation, lebensunfreundliche Landschaft. In der
Wüste ist Leben auf Dauer nicht möglich ohne äußere Hilfe.
Wüste - ein Begriff im geistlichen Leben.
So, wie Jesus in die Wüste geführt wurde, werden auch Menschen in die Wüste
geführt. Man spricht dabei manchmal von Wüstenerfahrung und Neuanfang. Damit
meint man vielleicht, dass aus der Wüste fruchtbares Land werden könnte. Aber
allzu oft sind solche Überlegungen lieblich für das eigene Ego aber doch auch
sehr flach. Sozialpsychologische Gemeinplätze werden bedient und es wird abgelenkt
von der Härte dessen, was Wüste als lebensfeindlicher Ort ist. Ist die „Wüste“
also überall? Gibt es „Wüsten-Erfahrungen“?
Zwei
Beispiele:
1. Ein
Gedicht von Guido Groß (aus einem Heft der Salvatorianerinnen):
„Schick uns in die
Wüste
nimm hinweg was
ablenkt und zerstreut.
Schick uns in die
Wüste
wo wir sehen die
Abgründe an Herzenskälte
Schick uns in die
Wüste
aber lass uns nicht
allein wenn wir erschrecken
und traurig werden
über uns selbst.
Sei bei uns
Liebender
damit wir erkennen
was uns wieder
näher bringt zu
Dir.“
2. Das romantisch-realistische Bild, was
Wüste ist, beschreibt „Van der Meer de Walcheren“, beim Eintreffen vom heiligen Bruno und seinen
Gefährten in die „Wüste der Chartreuse“:
„Sein
Fortgehen in die schweigende Alpenwüste der Dauphine, sein Hineintreten in
diese Einsamkeit ist das kühnste Unternehmen seines tatenreichen Lebens. Man
stelle sich die Verlassenheit dieses unwirtlichen Gebildes vor, mit seinen nie
betretenen, dunklen Tannenwäldern, seinen Abgründen und steilen Felswänden, dem
nie aufhörenden Rauschen der stürzenden Bergbäche- und das alles im 11.
Jahrhundert, als es weder Straßen, Bergsport, Reiseagenturen oder
Fremdenverkehrsvereine gab.“
Wüsten sind scheinbar Gott-verlassene-Orte,
die wir auch heute allenthalben vorfinden. Es sind z. B. die Wüsten von
Häuserblocks und Straßenschluchten, in denen die Einsamkeit der Stadt die
Menschen gefangen nimmt. Sie entrinnen dieser Gefangenschaft und geben sich den
vielfältigen Angeboten der Städte hin. Weltliches Vergnügen lenkt sie von sich
ab und führt sie, die häufig auch Suchende sind, in noch größere Einsamkeit und
weitere Abhängigkeiten. Selbstzweifel, Verlassenheit und Ängste werden folglich
immer größer. Tödliche archaische Süchte nagen am Menschen und versuchen ihn zu
vernichten.
Der heilige Bruno erkannte das. Wie Jeremias
und Johannes der Täufer entfloh er dem Andrang der Menschen wie einer Gefahr
und erkor die unbewohnte Wüste „zum sicheren Zufluchtsort; und solange er
einsam in der Wüste lebte, blieben Gefahren und Tod ihm unbekannt.“. Wie
Christus, der für uns gelitten hat und uns sein Beispiel gab, damit wir seinen
Fußspuren folgen, sollen wir auch „die Mühsale und Ängste dieses Lebens auf uns
nehmen, die Armut in der Freiheit der Kinder Gottes bejahen und dem Eigenwillen
entsagen. Überdies sollen wir [ … ] Christus bei seinem Fasten in der Wüste
folgen, indem wir den Leib züchtigen und gefügig machen, damit das Herz in Sehnsucht
nach Gott erglüht.“ Das eigene Leben muss durch ein „demütiges Opfer des
Lebenswandels in der Wüste, in Christus hineingenommen“ werden. (Kartäuser-Statuten,
Kap. 2, 7, 21).
Sein Leben in der
Wüste ändern –
damit das Herz in
Sehnsucht nach Gott erglüht.
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