Vor
der Dämmerung kommt der Prior zu Besuch. Ich sehe ihn ohne Mantel über den Hof
gehen, sein entschlossener Schritt nähert sich über die Steingänge. Klack,
klack. Ein kurzes Klopfen, seine feste Hand. Der Prior ist Spanier, sein
Französisch erfinderisch. Er will mir nur sagen, dass er mir alle Freiheit
lassen möchte. Dann macht er einige Vorschläge für das Nachtoffizium, weist den
Weg über den Hof zur Kirche, vorbei an den Brüdern, dem braunen Rudel der
Armen, in den Mönchschor. Dies mittels des geheimnisvollen Sonderschlüssels,
den er mir anvertraut und der in den Sperrbezirken des Verschwiegenen fast alle
Türen öffnet. Viele Fältchen um seine Augen, wenn er lächelt, auch rote Ringe,
Asketenrot, als weine er vieL
Der
kleine Kartäuserofen steht auf dünnen Beinen fast zu ebener Erde. Ein bisschen
Papier, zwei Handvoll Sägemehl und darüber die Holzscheite. Öffnet man den Kaminzug,
schlagen die Flammen vehement gegen die Gusswände. Wie ein Trommeln. Durch die
Schlitze und Ritzen flackert es lichterloh über den Holzboden. „Bruder
Feuer", so empfand es Franziskus. Im Reich der Kälte ist das eine
solidarische Nähe. Die blubbernde Glut macht die Zellenwüste plötzlich
häuslicher.
[
… ].
(Ausschnitte:
Sterne über Sélignac, Freddy Derwahl, Eremiten Die Abenteuer der Einsamkeit,
Pattloch 2000)
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