Dienstag, 26. März 2013

Karwoche und Ölberg - Der heilige Wille Gottes, 2/6

Die Erfahrungen der Vergangenheit haben dir das Vorgehen des Herrn vertraut gemacht, ohne dir etwas über seine zukünftigen Pläne zu sagen. „Komm herauf zu mir!" Das ist alles, was du weißt, und du bist gekommen. Du musst völlig empfänglich und verfügbar sein. Im Augenblick der Menschwerdung sprachen Maria und Jesus dasselbe Wort der Hingabe aus: „Ja, ich komme, um deinen Willen zu tun" (Hebr 10,9). Und es wird nicht lange dauern, bis du entdeckst, wie bitter es ist, auf deinen Willen zu verzichten.

Bereits bei den ersten Schritten wird er auf die Probe gestellt werden. Du vermutest, die Wüste sei ein strenges Land, aber du wirst dich fühlen wie ein „freigelassenes Maultier" (vgl. Ijob 39,5). Der erste Verzicht, der von dir gefordert wird, ist gerade diese Freiheit. Trotz allem anfänglichen Anschein ist dies dein Glück:
Der Gehorsam wird dich vor Abschweifungen in eine geistige Schwärmerei bewahren. Wer auf gut Glück in der Einsamkeit umherschweift, ist verloren. „Das Wichtigste und Unentbehrlichste (in der Sahara) ist ein Führer", schreibt Charles de Foucauld am 25. April 1908 seiner Schwester über die geistliche Führung.

Der Aufstieg in das Gebirge benötigt die gleiche Absicherung. In der Steppe findet man keinen „Weg zur wohnlichen Stadt" (Ps 107,4). Gott selbst führte in der Wolke die Israeliten, aber seine Befehle wurden durch Mose vermittelt (vgl. Num 9,23). Die Kirche will in ihrer Weisheit nicht, dass sich das Eremitentum der allgemeinen Regel des religiösen Gehorsams entzieht. Du wirst vielleicht darüber betrübt sein und dich neidisch nach einem unabhängigen Anachoretentum sehnen, um die Hände frei zu haben und schneller voranzukommen. Diese Illusion ist sehr häufig, ebenso wie die darauf folgende Enttäuschung. Die Unterwerfung einer Einsiedelei unter die Gemeinschaft ist ein Schutz; es besteht kein Zweifel daran, dass der Obere der Kanal für den göttlichen Willen ist. Der Unabhängige ist seinen Träumen ausgeliefert; er riskiert, seinen „eigenen" Willen für „göttlich" zu halten. Nimm das Joch des Gehorsams gelassen auf dich. Akzeptiere das „Gesetz", das die Einsiedelei regiert und das durch die Zeit und die Erfahrung bestätigt ist.

Wirst du enttäuscht sein? Werden die Menschen und die Gewohnheiten deinen Träumen entsprechen? Was sind die Träume wert? Nur eines interessiert dich: die Möglichkeit, ein echt eremitisches Leben zu führen. Wenn du den Frieden suchst, richte dein Interesse nur auf das Wesentliche. Die Umstände verändern sich und bleiben immer voller Mängel. Das gilt für das, was du vorfindest, ebenso wie für das, was du dir wünschst. Die Wüste ist das Land der Trugbilder, dieser bezaubernden Halluzinationen, deren einziger Nachteil darin besteht, dass sie unwirklich sind. Es wäre schade, wenn dich irgendwelche Nebensächlichkeiten hindern würden, die grundlegenden Werte zu erkennen.
[…]

(Ausschnitte aus: Ein Einsiedlermönch, Wo die Wüste erblüht, Verl. Neue Stadt 1984)




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